Budget für Arbeit Bremen

Arbeitgebende / Story #2

S.Rabe: Ich befinde mich heute bei der Firma Becker und Brügesch und mir gegenüber sitzt Herr Rudishauser. Würden Sie sich bitte kurz vorstellen

W.Rudishauser: Guten Tag, meine Name ist Werner Rudishauser und ich bin als Prokurist Leiter für Personal und Rechnungswesen bei der Becker + Brügesch Entsorgungs GmbH und insofern der richtige Ansprechpartner für Sie.

Können Sie uns einen kurzen Einblick in die betrieblichen Abläufe Ihres Betriebes geben? Welche Aufgaben fallen täglich an und welche Fähigkeiten sollen Ihre Mitarbeiter bestenfalls mitbringen?

Wir haben natürlich viele Mitarbeiter, die ganz unterschiedliche Bereiche und Qualifikationen abdecken müssen. Ich beschränke mich jetzt hier auf die Tätigkeit, mit der Herr Mustermann (Name wurde aus datenschutzrechtlichen Gründen geändert) betraut ist. Herr Mustermann ist im Wesentlichen Beifahrer auf unseren Presswagen-LKW’s. Er sitzt also auf dem Beifahrersitz und hilft dem Fahrer beim Bewegen und Leeren der Abfallbehälter. Er klemmt sie an die Pressvorrichtung und kippt sie dann, sodass der Inhalt im LKW landet.

Ich gehe davon aus, dass es sich nicht um die typischen Haushaltstonnen handelt?

Nein, wir sind nicht in der kommunalen Müllabfuhr tätig, wir fahren in Gewerbe- und Industriegebiete und die Einheiten sind deshalb auch wesentlich größer. Unsere Behälter für die Presswagen umfassen bis zu 7,5 m³. Ansonsten holen wir auch noch Aktenvernichtungsbehälter, sowie sonstige Abfälle, bzw. Wertstoffe z. B. in BigBags ab. Diese Aufgaben erledigt Herr Mustermann, dazu geht er teilweise auch in Büros, um eben die genannten Aktenvernichtungsbehälter zu holen.

Welche Fähigkeiten muss Herr Mustermann mit Sicht auf diese Aufgaben mitbringen, um sie bewältigen zu können?

Also körperlich fit muss er sein, das ist die wichtigste Voraussetzung.  Neben der körperlichen Fitness muss man sich auf den teils sehr großen Industriegeländen orientieren können. Der Fahrer und Herr Mustermann müssen sich also auch merken können, wo die Standorte der Behälter sind. Auch der Umgang mit der Pressvorrichtung will geübt sein, das ist schon ein großer Apparat, davor sollte man keine Angst haben. Da wirken enorme Kräfte und aus diesem Grund sollte man Sicherheitsvorschriften verstehen und diese auch einhalten können.

Wenn Herr Mustermann dann in den Büros unterwegs ist, um die Abfälle, bzw. Wertstoffe zu holen, dann trifft er natürlich auch auf unsere Kunden. Er muss also auch ein gewisses Auftreten und Benehmen haben, um sich dort angemessen zu verhalten.

Sie haben bereits auf Herr Mustermann hingewiesen, den Sie im Oktober 2021 in Ihrem Betrieb eingestellt haben. Dieser Mitarbeiter hat ein Handicap und er wurde über das Budget für Arbeit eingestellt, nachdem er vorab ein Langzeitpraktikum bei Ihnen durchgeführt hatte. Können Sie bitte beschreiben, wie der Kontakt zum heutigen Mitarbeiter zustande kam und wie er sich bei Ihnen entwickelt hat.

Der Kontakt kam zustande durch seinen Vater, dieser ist ebenfalls Mitarbeiter bei uns. Vor dem beschriebenen Langzeitpraktikum konnte Herr Mustermann in einem zweiwöchigen Praktikum  uns schon einmal kennenlernen. Später kam es dann zum Langzeitpraktikum über die Werkstatt Bremen.

Entwickelt hat sich Herr Mustermann sehr gut. Die Tätigkeit, die er ausführt, eignet sich für ihn aus unserer Sicht wie für ihn gemacht.  Büroarbeit wäre für ihn z.B. eher weniger geeignet. Die körperlichen Anforderungen seiner Arbeit kann er grundsätzlich gut erfüllen und dazu kommt, dass er hoch motiviert ist. Er hat da richtig Spaß daran, das merkt man. Er ist immer pünktlich, sogar manchmal vor der Zeit. Er ist vom Wesen her eher zurückhaltend, die Zusammenarbeit mit ihm ist für die Kollegen sehr angenehm. Von unseren Mitarbeitern wird Herr Mustermann sehr geschätzt, er macht die Dinge, die er machen soll und ist wie gesagt einfach ein angenehmer Typ. Er ist bei der Arbeit sehr gewissenhaft

Hatten Sie aus betriebswirtschaftlicher Sicht zum Zeitpunkt der Übernahme Bedenken, diesen Menschen mit Handicap bei Ihnen zu beschäftigen?

Ja, wir hatten schon Bedenken, nicht nur aus betriebswirtschaftlicher Sicht, sondern generell, weil wir Herrn Mustermann auch zum Zeitpunkt der Übernahme noch nicht langfristig kannten. Es blieb letztlich die Frage, ob die Arbeit ihn überfordert und ob er die gezeigten Leistungen halten kann. Es war für uns schwer einzuschätzen, auf wen wir uns da einlassen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht hatten wir daher schon Bedenken.  Hinzu kamen Sicherheitsbedenken. Unsere Mitarbeiter bewegen sich im Straßenverkehr und arbeiten mit schweren Maschinen. Da gilt es, die Aufmerksamkeit permanent hoch zu halten.

Wie haben Sie vom Budget für Arbeit erfahren und welche Rolle spielte es letztendlich bei Ihrer Entscheidung, den Menschen mit Handicap langfristig einzustellen?

Die Werkstatt Bremen ist da auf uns zugekommen während des Praktikums, dass es das Budget für Arbeit gibt und ob wir uns eine Übernahme im Rahmen dieses Budgets für Arbeit vorstellen können. Und natürlich hat uns die Förderung geholfen, diese Entscheidung zu treffen. Damit wird eben die längere Einarbeitungsphase ausgeglichen zu einem gewissen Maße.

Was für uns auch ein sehr wichtiger Punkt war im Sinne von Herrn Mustermann, war die Tatsache, dass er nicht in die Arbeitslosigkeit fällt, falls es nicht geklappt hätte. Dass er in einem solchen Fall in die Werkstatt zurückkehren kann, war für uns sehr beruhigend. Er hat ein gewisses Netz, was ihn auf jeden Fall auffängt, das war uns sehr wichtig.

Alles in allem hat der Zuschuss dazu geführt, dass wir ihn vernünftig bezahlen können, was wir ja auch wollten.

Kann man also sagen, dass durch das Budget für Arbeit und die damit verbundenen Möglichkeiten das Risiko minimiert werden konnte?

Wie gesagt, kann man durch den Zuschuss die längere Einarbeitung in einem gewissen Sinne ausgleichen.

Wurden Sie bei der Übernahme über das Budget für Arbeit in geeigneter Weise beraten und begleitet?

Ja natürlich, die Werkstatt Bremen hat uns das Budget für Arbeit ja erst vorgestellt. Alle Fragen wurden beantwortet und wir wurden vernünftig begleitet. Es hat dann ja auch zu einem guten Ergebnis geführt. Mit der ganzen Bürokratie hinsichtlich der Förderung wurden wir im Wesentlichen verschont. Dieses ganze Prozedere hat die Werkstatt Bremen übernommen.

Abschließend noch eine letzte Frage: Wie sehen Sie rückblickend Ihre Entscheidung, einen Mitarbeiter mit Handicap über das Budget für Arbeit in Ihrem Betrieb zu beschäftigen?

Also in diesem Fall war das die absolut richtige Entscheidung, weil wir hier einfach einen absoluten Glücksgriff gemacht haben. Der Mitarbeiter ist wie schon gesagt hochmotiviert, hat richtig Spaß daran und führt unseres Erachtens genau die richtige Arbeit für seine Fähigkeiten aus. Das passt alles richtig gut. Wir sind sehr froh, ihn zu haben und hoffen auch, dass das so weiter geht. Davon gehen wir aber stark aus.

Vielen Dank für das Interview Herr Rudishauser!

25.08.2022